Zum Hauptinhalt springen

Archivierte Nachrichten und Beiträge

"Linda spricht mit": Frau Saternus-Kurkowski vom Polnischer Kreis Piast in Essen e.V.

AlleEssenVerbund-NewsPresse

"Deutschland ist für viele Menschen ein Paradies. Wenn man hart arbeitet, kann man alles erreichen."

Linda Buers:Heute bin ich mit Frau Saternus-Kurkowski verabredet, die den Verein Polnischer Kreis PIAST in Essen e.V. vertritt. Frau Saternus-Kurkowski ist ebenfalls stellvertretende Vorsitzende im Essener Verbund der Immigrantenvereine. Frau Saternus-Kurkowski ist Lehrerin für Mathematik und Wirtschaft. Sie hat 21 Jahre als Pädagogin beim CJD Zehnthof Essen gearbeitet. CJD NRW Nord ist ein Einrichtungsverbund der schulischen, beruflichen, rehabilitativen und inklusiven Förderung, Betreuung und Pflege von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Linda Buers:Guten Tag, Frau Saternus – Kurkowski. Erzählen Sie uns bitte etwas über die Geschichte Ihres Vereins?Frau Saternus – Kurkowski: Wir sind eine Gruppe von als 70 Personen, die die polnische Sprache sprechen und Interesse am Erhalt der Kultur und der Tradition des Landes haben, in dem sie geboren wurden. Gemeinsam versuchen wir uns eine Möglichkeit zu schaffen, in der wir unsere freie Zeit sinnvoll nutzen können. Unser Ziel ist die gemeinsame Hilfe bei allerlei Problemen, mit denen wir Tag für Tag zu kämpfen haben. Der polnische Verein PIAST e.V. wurde am 08.03.1994, von überwiegend aus Polen stammenden Bürgern polnischer und deutscher Abstammung, gegründet. Wir waren damals etwa 30 Personen, die Zusammenhalt und Rat gesucht haben. Zuerst sammelten wir uns in privaten Räumen, aber sehr schnell bekamen wir einen Raum von der Stadt Essen, wo wir uns treffen konnten. Unser Ziel war die  und Förderung von Selbsthilfeaktivitäten zur Integration, die Entwicklung beruflicher und individueller Begabungen und Interessen und die Überwindung der Sprachbarrieren. Natürlich war auch die Wahrung der eigenen sprachlichen und kulturellen Identität für uns sehr wichtig.Wir treffen uns schon regelmäßig seit fast 27 Jahren. Bei Musik, Kaffee und Kuchen feiern wir, diskutieren und besprechen unser weiteres Vorgehen wie z.B.: Treffen mit interessanten Personen aus verschiedenen Berufszweigen (Steuerberater, Kosmetikerinnen, Ärzten verschiedener Fachbereiche usw.). Wir wollten Künstlern die Möglichkeit geben, sich zu zeigen und veranstalten daher verschiedene Ausstellungen (Malerei, Bildhauerei, Fotografie, Grafik usw.). Es werden Konzerte aufgeführt und Lesungen von Dichtern organisiert. Ganz wichtig ist der Tanz; wir lieben tanzen!Linda Buers:Worauf sind Sie besonders stolz?Frau Saternus – Kurkowski: Es ist uns 1995 gelungen, eine polnische Bibliothek zu gründen (über 150 Mitglieder). Inzwischen verfügt diese über als 10.000 Exemplare. Sie befindet sich in den Räumen der polnischen Mission in Essen- Altendorf, an der Bockmühle. Der Pfarrer hat uns damals sehr unterstützt und uns die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Viele Leute lesen noch in polnischer Sprache und wollen, dass die Kinder polnische Bücher lesen. Um diese Bibliothek mussten wir schon mals kämpfen. Seit ein paar Monaten haben wir eine Zweigstelle in Gelsenkirchen.Nach intensiven Gesprächen mit dem Essener Schulamt konnten wir 2001 eine "Polnische Schule" gründen. Es ist nicht eine Schule, der Unterricht findet an verschiedenen Schulen statt. So wird unseren Kindern die Möglichkeit gegeben ihre Muttersprache auch von Lehrern aus Polen zu erlernen, beizubehalten und zu verbessern.Linda Buers:Auf Ihrer Homepage sieht man, dass Sie zahlreiche Aktivitäten anbieten. Welche davon würden Sie besonders hervorheben?Frau Saternus – Kurkowski: Sehr wichtig ist der 8. März, der Tag unserer Gründung und Weltfrauentag. Dieser Tag war im polnischen Sozialismus sehr, sehr wichtig. Wir wurden bei der Arbeit und von unseren Männern beschenkt. Damals waren Strumpfhosen etwas, was man sehr schwer bekommen konnten – und so bekommen wir heute noch Strumpfhosen geschenkt. Das ist Tradition!Wir nehmen an Straßenfesten teil, wo wir zahlreiche Produkte der polnischen Küche, die wir selber machen, verkaufen und den Gewinn für wohltätige Zwecke spenden. Wir helfen auch aktiv bei der Aktion "Orkiestra Swiatecznej Pomocy" (das ist so eine Aktion, wie "Kinder in Not"), wo wir Geld sammeln, mit dem in Polen Apparaturen für Krankenhäuser und Kinderheime angeschafft werden. Das ist eine wunderschöne Aktion, mit der wir unser Jahr beginnen.All unsere Festlichkeiten werden im Rahmen der polnischen Tradition abgehalten. Eine Woche vor Heiligabend machen wir ein Fest, bei dem besonders alleinstehende Menschen mit einbezogen werden: das gemeinsame Karpfenessen. Rote Beete Suppe, polnische pierogi (so etwas wie Tortellini) – insgesamt werden 12 verschiedene Gerichte aufgetischt. Eine weitere Tradition ist "Kolenda", das Wort stammt aus dem Lateinischen (Besuch) und bedeutet, dass der Priester nach Weihnachten von Haus zu Haus geht, um die Mitglieder seiner Gemeinde kennenzulernen. Dabei wird gesungen.Natürlich machen wir auch einen Tanz in den Mai. In der Johannisnacht, wenn Glühwürmchen fliegen, wird gegrillt. Wir können auf viele gelungene Festlichkeiten zurückblicken, wie zum Beispiel den Andreastag, dies ist eine besondere Nacht im Winter, da ging es um die Mädchen, Zauberei, Magie, ob sie heiraten werden. Das ist so, wie es in Deutschland das Bleigießen gibt, nur bei uns wird Wachs in Wasser gegossen. Wir vergessen auch nicht die Kinder! Für sie machen wir im Juni einen Weltkindertag und im Dezember Nikolaus. Und nicht zu vergessen, Silvester und Karneval, wo wir mit 60-90 Leuten bei polnischen Klängen in den Morgen feiern.Wir machen zwei Mal im Jahr Ausflüge, von Freitag bis Sonntag. Früher sind wir immer zur Zeche Concordia ins Sauerland gefahren, aber seit 11 Jahren fahren wir nach Winterberg. Das machen wir immer im September, um Pilze zu sammeln oder Ende Januar als kleiner Skiurlaub. Die Mitglieder des Vereins und unsere Besucher haben auch die Möglichkeit, sich bei Gesellschaftsspielen zu entspannen.   Linda Buers:Warum sind Sie dem Essener Verbund der Immigrantenvereine beigetreten?In wie fern war diese Mitgliedschaft bisher für Sie nützlich?Frau Saternus – Kurkowski: Der Kontakt zum Essener Verbund der Immigrantenvereine e.V. entstand über Bozena Dymecki, die 17 Jahre lang unsere Vereinsvorsitzende war. Bozena hat Kontakte gesucht und in der Stadt nach anderen Immigrantengruppen gefragt. So hat sie Herrn Balaban kennengelernt. Wir waren einer der ersten Vereine, die sich beim Essener Verbund der Immigrantenvereine e.V. eingetragen haben.Es ist schön, andere Kulturen kennenzulernen, Ideen zu sammeln und uns mit den Menschen darüber auszutauschen, was wir zusammen machen können. Wir bekamen Kontakt zum russischen Verein, deren Vorsitzender auch der Leiter von KON-TAKT war. Eine Zeitlang haben wir sehr eng mit einem rumänischen Verein zusammengearbeitet. Wir arbeiten gern auch mit anderen Vereinen unseres Profils, zum Beispiel mit Tunesischen, Spanischen usw. Ich bin seit einigen Jahren bei dem Essener Verbund der Immigrantenvereine aktiv. Herr Sadik Cicin hat mich ermutigt dem Vorstand beizutreten.Daneben ist die Arbeit mit dem Stadtteilprojekt Katernberg-Bürgerzentrum Kon -Takt ein wichtiger Teil unseres Vereinslebens, in dem viele Menschen aus den unterschiedlichsten Nationen zusammenkommen.Linda Buers:Welchen Rat können Sie Vereinen geben, die sich erst vor kurzer Zeit gegründet haben?Frau Saternus – Kurkowski: Ich freue mich, dass es immer Frauen-Vereine gibt und ich glaube, die sollten wirklich zusammenarbeiten und sich für Frauenrechte einsetzen. Die deutsche Sprache zu lernen, das ist das A und O. Wichtig ist auch, dass die einen Platz/Raum finden, wo sie sich ungestört, regelmäßig treffen können. Dafür müssen sie kämpfen. Linda Buers:Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, was würden Sie sich wünschen?Frau Saternus – Kurkowski: Das Wichtigste ist, dass auch die junge Generation kommt. Wir werden immer älter. Aber ich glaube, die Jungen interessieren sich leider nicht so sehr für unsere Arbeit. Ich wünsche mir finanzielle Unterstützung. Wir bekommen zweimal im Jahr vom Kulturamt der Stadt Essen 300,-Euro für ein Konzert während der Andreasnacht und für das Kinder-Nikolausfest. Aber allein zum Nikolaustag sind 130 Kinder gekommen und für sie alle haben wir kleine Geschenke vorbereitet. Im Jahr haben wir bis zu 14 verschiedene Veranstaltungen und dafür brauchen wir unbedingt Geld. Ich wünsche mir, dass einmal im Jahr die Essener Migrantenorganisationen zusammenkommen, Kaffee trinken, reden und Erfahrungen austauschen. Vielleicht können wir ja dafür Geld vom Integrationsamt bekommen. Ich habe erst vor kurzem bei der Fortbildung erfahren, welche Gelder man beantragen kann. Im Moment können wir uns auch nicht treffen, um gemeinsam zu beraten.Linda Buers:Durch die Pandemie mussten ja in diesem Jahr viele Veranstaltungen abgesagt werden. Was werden Sie als erstes tun, wenn die wir die Pandemie in den Griff bekommen haben?Frau Saternus – Kurkowski: Wir werden ein großes Fest feiern mit Musik der 60er Jahre und dazu Twist und wild Rock and Roll tanzen! Leute aus Polen lieben wirklich den Tanz, wir können die ganze Nacht tanzen!Linda Buers:Vielen Dank für dieses Interview. Weiterhin viel Erfolg und – bleiben Sie gesund.Adresse: Polnischer Kreis Piast in Essen e.V.KON-TAKTKaternberger Markt 445327 Essen Mail: piast-essen(at)gmx.deWebsite: www.piastessen.com

Der „Essener Verbund der Immigrantenvereine e.V.“ ist ein Dachverband aller gemeinnützigen Migrantenorganisationen in Essen. Seit der Gründung in 2000 ist er stetig gewachsen. Heute erreicht er eine Mitgliederzahl von über 70 Migrantenorganisationen aus über 20 Herkunftsländern. Von dieser Zusammenarbeit profitieren MitbürgerInnen ausländischer Herkunft in erster Linie, aber auch die Stadt und die gesamte Bevölkerung in Essen.

Sie finden uns auch in den sozialen Medien

Der Essener Verbund der Immigrantenvereine ist aktiv auf folgenden Social-Media-Plattformen:

  zum Facebook-Profil
  zum Instagram-Profil